Bei der Heirat sagen Sie „ja“ – aber wozu eigentlich?
Wer nicht rechtzeitig Überlegungen über die langfristigen, rechtlichen Konsequenzen einer Heirat anstellt, geht womöglich ein Rechtsgeschäft ein, dessen Folgen er nicht einmal vollständig überblickt hat.
Es stellen sich Fragen wie: Was passiert mit den bereits vorhandenen Vermögensgegenständen? Welche Auswirkungen haben Vermögenszuwächse für die Ehegatten? Wem wird was zugerechnet? Und wie wird das Vermögen im Falle der Trennung wieder verteilt? Antworten auf all diese Fragen gibt das ausdifferenzierte eheliche Güterrecht.
I. Die Güterstände
In Deutschland gibt es vier verschiedene Güterstände, von deren Wahl die vermögensrechtlichen Folgen einer Ehescheidung ganz wesentlich abhängen:
- Güterstand der Zugewinngemeinschaft
- Güterstand der Gütertrennung
- Güterstand der Gütergemeinschaft
- deutsch-französischer Wahlgüterstand
1. Güterstand der Zugewinngemeinschaft
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Ausgangsfall. Treffen die Ehegatten keine anderweitige Regelung durch eine notarielle Vereinbarung, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Dem Kern nach ist auch die Zugewinngemeinschaft eine Gütertrennung, denn während der Ehe entsteht keine Gemeinschaft. Jeder Ehegatte bleibt Inhaber seines Vermögens und verwaltet es selbstständig. Ihre Wirkungen entfaltet die Zugewinngemeinschaft erst bei Beendigung der Ehe, indem ein Ausgleich stattfindet.
2. Güterstand der Gütertrennung
Im Fall der Gütertrennung erfolgt eine vollständige Trennung der Vermögensmassen beider Ehegatten, ohne dass nach der Scheidung der Ehe von einem der beiden ein Ausgleich zu gewähren ist. Jedem Ehegatten obliegt die Verwaltung seines Vermögens und er bleibt Eigentümer sowohl des vor der Eheschließung als auch des während der Ehe von ihm erworbenen Vermögens.
Um im Güterstand der Gütertrennung zu leben, bedarf es einer entsprechenden notariellen, ehevertraglichen Regelung. Der Güterstand der Gütertrennung tritt ein, wenn die Ehegatten durch Ehevertrag den gesetzlichen Güterstand aufheben oder ausschließen.
3. Güterstand der Gütergemeinschaft
Prägend für die Gütergemeinschaft ist es, dass das Vermögen der Ehegatten grundsätzlich gemeinschaftliches Vermögen der beteiligten Ehegatten ist. Charakteristisch für die Gütergemeinschaft ist, dass das Vermögen der Eheleute in bis zu fünf voneinander getrennte Vermögensmassen zerfällt. Das Gesamtgut ist das Vermögen, das den Eheleuten gemeinsam zur gesamten Hand zusteht. Darüber hinaus hat jeder Ehegatte noch Vorbehaltsgut und Sondergut.
Auch die Gütergemeinschaft muss durch notariellen Ehevertrag begründet werden. In der Praxis handelt es sich bei der Gütergemeinschaft um den am wenigsten gebräuchlichen rein deutschen Güterstand.
4. Der deutsch-französische Wahlgüterstand (Le régime matrimonial franco allemand)
Seit dem 01.05.2013 gibt es den deutsch-französischen Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft, den Deutschland und Frankreich in einem bilateralen Abkommen beschlossen haben.
Ehepaare, für die deutsches oder französisches Güterrecht gilt, können einen deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit französischen Besonderheiten wählen. Die Vereinbarung der Wahl-Zugewinngemeinschaft erfolgt ebenfalls durch notariellen Ehevertrag.
II. Grundzüge des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft
1. Anwendung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft
Die Zugewinngemeinschaft besteht bei Ehegatten immer dann, wenn deutsches Güterrecht Anwendung findet, die Ehegatten keinen anderen Güterstand durch Ehevertrag gewählt haben und den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht durch Ehevertrag modifiziert haben.
Der gesetzliche Güterstand ist grundsätzlich ein System der Gütertrennung mit einem bloß schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch im Falle der Beendigung des Güterstandes. Dies bedeutet, dass grundsätzlich keine Vermögenswerte (Immobilien, Kfz etc.) übertragen werden, sondern ein Zahlungsanspruch desjenigen Ehegatten besteht, der letztlich ausgleichsberechtigt ist.
2. Wirkungen der Wahl des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft
Die Eheschließung hat keinen Vermögensübergang zur Folge, also verbleibt jedem Ehegatten das ihm gehörende Vermögen, wie bei der Gütertrennung. Bei der Zugewinngemeinschaft gibt es grundsätzlich keine gemeinsame Vermögensmasse der Ehegatten, sondern nur dann, wenn gemeinsame Anschaffungen vorgenommen oder gemeinsam Verbindlichkeiten eingegangen werden. Dies ist etwa bei dem Erwerb einer gemeinsamen Immobilie der Fall. An vor der Ehe allein erworbenen oder an während der Ehe durch einen der Ehegatten allein angeschafften Gegenständen entsteht Alleineigentum des erwerbenden Ehegatten.
Bei Beendigung des Güterstandes wird der Zugewinn gemäß § 1372 BGB ausgeglichen. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Die Ermittlung dieser beiden Größen für jeden der Ehegatten ist daher für die Berechnung des Zugewinns unabdingbar.
3. Anfangs- und Endvermögen
Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Eheschließung als maßgeblichem Stichtag gehört, also Grundstücke, Wertpapiere, Bargeld, Beteiligungen an Gesellschaften, Unternehmen, Darlehensforderungen, Bausparguthaben Schmuck, usw.
Besonders wichtig ist es, dass Schenkungen und Erbschaften durch das Gesetz ebenfalls zum Anfangsvermögen gezählt werden. Dies bewirkt, dass diese während der Ehe im Vermögen des Beschenkten bzw. Erbenden bleiben und im Falle der Scheidung nicht ausgeglichen werden müssen. Dadurch profitiert letztlich nur der beschenkte Ehegatte von der Schenkung bzw. Erbschaft.
Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages oder Tod eines Ehegatten gehört.
4. Bewertungsstichtage
Die Bewertung des Vermögens erfolgt dabei hinsichtlich des Anfangsvermögens auf den Zeitpunkt der Eheschließung und im Hinblick auf das Endvermögen auf den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages. Entscheidend sind zunächst nur diese beiden Stichtage. In der Konsequenz unterliegen damit auch Wertsteigerungen eines Vermögensgegenstandes, wenn er sich im Anfangsvermögen als auch im Endvermögen findet, dem Zugewinnausgleich.
Der schuldrechtliche Ausgleichsanspruch wird nach dem Stichtagsprinzip im Wege einer vierfachen (gegebenenfalls sogar sechsfachen) Bilanzierung ermittelt, nämlich:
- Anfangsvermögen der Ehefrau zum Zeitpunkt der Eheschließung
- Endvermögen der Ehefrau zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes (bei Ehescheidung zum Zeitpunkt der Zustellung eines Scheidungsantrages)
- Ggf. Trennungsvermögen der Ehefrau zum Zeitpunkt der Trennung
- Anfangsvermögen des Ehemannes zum Zeitpunkt der Eheschließung
- Endvermögen des Ehemannes zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes (bei Ehescheidung zum Zeitpunkt der Zustellung eines Scheidungsantrages)
- Ggf. Trennungsvermögen des Ehemannes zum Zeitpunkt der Trennung
Grundsätzlich muss daher nur auf diese maßgeblichen Stichtage eine Vermögensauskunft erstellt werden. Insoweit gilt eine starre und schematische Beurteilung. In der Verwendung ihres jeweiligen Vermögens in der Zwischenzeit sind die Beteiligten grundsätzlich völlig frei. Hiervon gibt es jedoch eine bedeutsame Ausnahme: Mit der Zugewinnausgleichsreform zum 01.09.2009 ist als sog. Kontrollstichtag der Stichtag der Trennung der Eheleute hinzugekommen, um sog. illoyale Vermögensminderungen eines Ehegatten zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrages zu verhindern. Hierbei ist gemeint, dass einer der Ehegatten sein Vermögen zwischen der Trennung verschwendet und sich so im Hinblick auf den anstehenden Ausgleich illoyal gegenüber dem anderen Ehegatten verhält, indem er diesen vereitelt. Der Betrag der illoyalen Vermögensminderung zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrages wird dann dem Endvermögen hinzugerechnet. Bestehen für solche Handlungen eines der Ehegatten Anhaltspunkte, kann vom jeweils anderen Ehegatten nicht nur Auskunft zum Anfangsvermögen und Auskunft zum Endvermögen, sondern auch noch Auskunft zum Stichtag der Trennung der Eheleute verlangt werden (§ 1379 BGB).
5. Ausgleichsanspruch
Der Ehegatte, der im Vergleich zum anderen Ehegatten den geringeren Zugewinn erzielt hat, hat einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten mit dem höheren Zugewinn in Höhe der Hälfte der Wertdifferenz.
6. Beispiel
Ehefrau und Ehemann haben jeweils ein Anfangsvermögen von 0,00 €. Die Ehefrau hat ein Endvermögen in Höhe von 40.000,00 € und der Ehemann hat ein Endvermögen in Höhe von 60.000,00 €. Mangels Anfangsvermögen entspricht der Zugewinn eines jeden Ehegatten dem Endvermögen, also bei der Ehefrau 40.000,00 € und beim Ehemann 60.000,00 €. Die Differenz zwischen dem Zugewinn der Ehefrau und dem Zugewinn des Ehemannes beträgt 20.000,00 €, sodass der Ehemann die Hälfte der Differenz, also 10.000,00 € an die Ehefrau ausgleichen muss. Die Ehefrau hat daher einen Zugewinnausgleichsanspruch gegenüber dem Ehemann in Höhe von 10.000,00 €.
7. Bestimmungen und Beschränkungen des Zugewinnausgleichsanspruchs
Der schuldrechtliche Zugewinnausgleichsanspruch ist erst fällig bei Rechtskraft der Ehescheidung (§ 1378 Abs. 3 S. 1 BGB). Da es sich beim Zugewinnausgleichsanspruch lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt, ist der Anspruch von der Bonität des Ausgleichspflichtigen abhängig und nicht insolvenzsicher, kann jedoch durch geeignete Maßnahmen abgesichert werden.
Wenn Sie weitere Fragen haben, melden Sie sich gerne bei Rechtsanwältin und Mediatorin Alice Threinen von den REWISTO Rechtsanwälten Friedhoff, Mauer und Partner mbB. Als Ihre Fachanwältin für Familienrecht steht Ihnen Rechtsanwältin Threinen zur Beratung und auch außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung in güterrechtlichen Angelegenheiten bundesweit und international, insbesondere im hiesigen Grenzgebiet, gerne zur Verfügung.